Experimente zur Hochschuldidaktik: Uni-Seminare als  Kombination von Fachwissenschaft und Schreibtraining

 
 
 
Stefan Matysiak: 

Studentische Arbeit ernst genommen - 
Die Verwendung von Hausarbeiten als gemeinsame Literatur im Uni-Seminar. 

In: Das Hochschulwesen Nr. 5/2003, S. 210-213.

Als Fachmann für universitäres Schreiben biete ich auch Schreibwerkstätten,
Seminare zum wissenschaftlichen Schreiben
und 
Seminare zum Verfassen wissenschaftlicher Rezensionen
an und
helfe bei Problemen mit Hausarbeiten etc.
Defizite beim wissenschaftlichen Schreiben gelten als ein zentraler Grund für hohe Studienabbrecherquoten. Eine gute Möglichkeit, die Schreibfertigkeiten von Studierenden zu verbessern, besteht darin, studentische Hausarbeiten in den Ablauf universitärer Fachseminare zu integrieren. Um diese Form des Schreibtraining zu testen, wurde ein konventionelles Seminar als Kombination von fachwissenschaftlichem Unterricht und Schreibtraining geplant und durchgeführt. Im Seminar wurden anstelle wissenschaftlicher Literatur und Quellen lediglich von den Studierenden angefertigte Hausarbeiten als Seminarlektüre genutzt und sowohl fachlich wie auch formal diskutiert. Um sich die Texte zu erschließen, hatten die Studierenden von den Hausarbeiten jeweils vor der Sitzung Abstracts anzufertigen. Die Studierenden reagierten auf diese arbeitsintensive Methode mit einer hohen Lernmotivation.   

Gliederung:
Vorbereitung: einführende Seminarsitzungen
Das eigentliche Seminarkonzept
      Phase 1 - Abstracts als Methode, Leseerfahrungen zu reflektieren
      Phase 2 - Ritualisierte Besprechung der Formalia der Hausarbeiten
      Phase 3 - Inhaltliche Nachfrage und Diskussion
Seminarkritik
Resümee
 
 

Nicht  nur das Verfassen von Gedichten, auch das Anfertigen von wissenschaftlichen Arbeiten scheint als kaum zu beeinflussende Gnade zu gelten: Studierende scheinen entweder schreiben zu können oder sie können es nicht; zumindest lernen sie es offenbar nicht an der Uni. Dass an den Universitäten das Anfertigen von Haus- und Diplomarbeiten zu selten thematisiert wird, zeigt nicht nur die Vielzahl von Ratgebern zum Thema Schreiben von Seminar- und Diplomarbeiten. Die Vermittlungsdefizite der Hochschulen werden mittlerweile selbst außerhalb des universitären Elfenbeinturms als zentraler Grund für hohe Studienabbrecherquoten thematisiert (etwa Füller 2001, Beyer 2001, Neuhäuser 1999). Für ein Hauptseminar im Fach Publizistik zur Pressegeschichte der DDR (Zentrum für interdisziplinäre Medienwissenschaften der Uni Göttingen) wurden deshalb als hochschuldidaktisches Experiment von Studierenden geschriebene Hausarbeiten zur Seminargrundlage bestimmt. 

Ziel der Veranstaltung war kein "Schreibseminar", sondern eine weitgehende Verbindung von fachwissenschaftlicher Beschäftigung mit einem Training zur Anfertigung von Hausarbeiten. Den Studierenden sollte damit ein über den inhaltlichen Ertrag hinausgehender Zusatznutzen geboten werden. Der Rückgriff auf studentische Hausarbeiten sollte die Arbeit der Studierenden ernst nehmen und ihnen jene schreibtechnische Standortbestimmung erlauben, die mittels des an den Unis üblichen Feedbacks (Notenbewertung mit kurzen Kommentaren) nur eingeschränkt möglich ist. Das Seminar erfolgte als Vertiefung einer Veranstaltung des vorangegangenen Semesters. Am Kurs nahmen anfangs sieben Studierende teil, von denen einer bald entschwand, vermutlich weil die angekündigte Hausarbeit nicht fertig geworden war. Das Geschlechterverhältnis war ausgewogen.
 

1. Vorbereitung: einführende Seminarsitzungen

Für die eigentliche Besprechung der Hausarbeiten waren drei Blöcke á vier Zeitstunden vorgesehen. Diesen Blöcken wurden zwei einführende Seminarblöcke vorangestellt, die der Vertrauensbildung und Einführung dienten.

In der ersten Sitzung wurde zur Einstimmung ein Artikel über Schreibprobleme diskutiert (Beyer 2001), anhand dessen die Studierenden ihre Erfahrungen beim Anfertigen von Hausarbeiten resumieren sollten. Die dabei geäußerten Probleme wie das Entwickeln von Fragestellungen oder das Durchhalten eines 'roten Fadens' sollte in späteren Sitzungen aufgegriffen werden.

In der zweiten Sitzung wurde die Funktion von Texten und die Relativität von Textkritik thematisiert. Die Studierenden erhielten dazu einen Text aus der Financial Times Deutschland, der die Bedeutung gut geschriebener Geschäftsberichte für den Börsenwert von Unternehmen behandelte. Die dort für Unternehmer gegebenen fünf "Tricks, um den Leser bei Laune zu halten" (Bauer 2001) wurden auf ihre Brauchbarkeit für die Anfertigung von Hausarbeiten abgeklopft.

Um die Relativität von Bewertungen und Textkorrekturen zu verdeutlichen und störende Perfektionsvorstellungen abzubauen, bekamen die TeilnehmerInnen anschließend eine Zeitungsmeldung, die in Kleingruppen zu bewerten und gegebenenfalls zu korrigieren war. Vom selben Text wurden anschließend drei Korrekturfahnen von Chefredakteuren renommierter Zeitungen bzw. Zeitschriften diskutiert, die sich zum Teil deutlich voneinander unterschieden (Einen Artikel stilistisch schleifen 2001). Nachdem sich die Studierenden auf diese Weise mit unterschiedlichen Bewertungskriterien und Stilvorstellungen vertraut gemacht hatten, konnte anschließende gemeinsam eine Checkliste erstellt werden. Diese enthielt Kriterien wie Gliederung, Relevanz des Themas, Fragestellungen, Zitierregeln und bildete im weiteren Verlauf des Seminars die Grundlage für die Beurteilung der Hausarbeiten.

2. Das eigentliche Seminarkonzept

Die Verwendung von Hausarbeiten als Seminarlektüre erhöht die persönliche Betroffenheit der Studierenden. Dies hat einerseits einen positiven Einfluss auf die Motivation, birgt aber andererseits das Risiko, dass die ungewohnte öffentliche Kritik Missstimmungen oder gar Verletzungen auslöst, die zuguterletzt das Erreichen der fachlichen Ziele verhindern können. Deshalb wurden die zentralen Seminarsitzungen so konzipiert, dass eine möglichst sachliche, offene und entspannte Gesprächssituation entstehen konnte. Möglicherweise vorhandene Ängste, sich und das eigene Werk zu präsentieren, sollten abgebaut und kontraproduktive Aggressionen anderer TeilnehmerInnen verhindert werden. Teilnehmen durfte nur, wer eine eigene Hausarbeit einbrachte. Dies sollte den Auftritt von 'Nur-Kritikern' verhindern und eine sachliche Arbeitsatmosphäre sichern helfen. Bis auf eine neu in den Kurs gekommene Teilnehmerin brachten alle eine Hausarbeit mit, die bereits im Rahmen des Vorgängerseminars angefertigt worden war; die neue Teilnehmerin fertigte ihre Arbeit eigens an. 

Jede Seminarsitzung, in der Hausarbeiten besprochen wurde, war in drei Phasen gegliedert: Die erste Phase diente zur Besprechung von Abstracts, in der zweiten wurden die Hausarbeiten formal und in der dritten inhaltlich besprochen (Tabelle). 
 
Phasen Seminarmethode
Phase 1 Besprechung von Abstracts zu den Hausarbeiten
Phase 2 Besprechung der Formalia der Hausarbeiten
 - Stufe 1   - positives Feedback der Gruppe
 - Stufe 2   - negatives Feedback der Gruppe
 - Stufe 3   - Gesprächswünsche der AutorInnen
 - Stufe 4   - Beispielhafte Besprechung einzelner weiterer Formalia
Phase 3 Besprechung der Inhalte der Hausarbeiten
Tabelle: Hausarbeiten als Seminarliteratur (Seminarstruktur)
 

Phase 1 (Abstracts als Weg, Leseerfahrungen zu reflektieren): Kern der ersten Phase war die Besprechung von Abstracts, die von den Studierenden zu jeder Seminarsitzung anzufertigen waren. In diesen Abstracts waren die Ziele und Inhalte aller Hausarbeiten (jeweils auch der eigenen) auf 35 bis 50 Zeilen Länge zusammenzufassen. Die beim Rezensieren notwendige gründliche Beschäftigung sollte sowohl eine intensive formale wie inhaltliche Auseinandersetzung mit den zu besprechenden Hausarbeiten sicherstellen. Vermieden werden sollte damit, dass Studierende lediglich am 'eigenen Auftritt' Interesse zeigen, deshalb die von den KommilitonInnen geschriebene Seminarliteratur nicht lesen und somit auch nicht mitdiskutieren können. 

Bei der gemeinsamen Besprechung sollten die Erfahrungen beim Schreiben der Abstracts reflektiert und insbesondere auf die zwischen den einzelnen Abstracts deutlichen Unterschiede eingegangen werden. Diese Unterschiede markieren nicht nur die unterschiedlichen Interessen der AutorInnen, sondern der Vergleich der verschiedenen Abstracts ermöglichte es, die in den zusammengefassten Hausarbeiten möglicherweise vorhandenen Brüche und Inkonsistenzen aufzudecken. Die Arbeit mit den Abstracts sollte die Studierenden nicht nur zum Lesen der Seminarlektüre bringen, sondern die entstandenen kurzen Texte waren auf diese Weise gleichzeitig Erkenntnismittel.

Phase 2 (ritualisierte Besprechung der Formalia der Hausarbeit): Die anschließende gemeinsame Besprechung der Formalia der Hausarbeiten erfolgte in vier Stufen. Eine Ritualisierung der Besprechung sollte zu einer Ordnung und Versachlichung des Diskussionsprozesses beitragen.

In der ersten und zweiten Stufe benannten alle Anwesenden (obligatorisch auch für die jeweiligen AutorInnen der Arbeit und für den Seminarleiter) zunächst der Reihe nach jene Punkte, die ihm/ihr an der vorliegenden Hausarbeit gefielen. Im Anschluss erfolgte die Benennung der negativ empfundenen Aspekte der Hausarbeit samt Begründung (Standardformel jeweils: "Gut/weniger gut fand ich..."). 

Verteidigungsreden der Autoren der Hausarbeiten wurden unterbunden, um einen gelasseneren Umgang mit der Kritik zu üben. Die Äußerungen waren für alle Anwesenden verpflichtend, was das Feedback soweit zu einem Normalzustand werden lassen sollte, dass sich niemand vor dem Kritisieren scheute. 

Um die Lerninteressen der AutorInnen der Hausarbeiten weitestgehend zu wahren, bekamen diese anschließend Gelegenheit, selber Themen und Fragen zu wählen bzw. ihre Schwierigkeiten beim Schreibprozess zu schildern und Ratschläge einzufordern. 

Den letzten Punkt der formalen Betrachtung der Hausarbeiten bildete jeweils eine beispielhafte Besprechung typischer Schwierigkeiten von Hausarbeiten, etwa Gliederungsprobleme, Zitierregeln, problematische Phrasen und andere Formalia. Deren Relativität wurde verdeutlicht, indem die in einzelnen Wissenschaften und bei einzelnen Professoren möglichen Variationen besprochen wurden.

Phase 3 (inhaltliche Nachfrage und Diskussion): Anschließend erfolgte die Besprechung der Inhalte der Hausarbeiten. Eine Gefahr, dass die Studierenden im Falle inhaltlich unvollständiger Hausarbeiten falsch oder unzureichend fachlich informiert würden, bestand nicht. Denn Hausarbeiten dürften sich in der Qualität und Fehlerhäufigkeit nicht grundsätzlich von den in den Universitäten traditionell zur Wissensvermittlung genutzten studentischen Referaten unterscheiden. Anders als bei den Referaten bestehen jedoch bei schriftlichen Seminarbeiträgen bessere Möglichkeiten, sich als DozentIn bereits im Vorfeld über ergänzende Quellen Gedanken zu machen und möglicherweise vorhandene Defizite gezielt auszugleichen.

Die Besprechung der Hausarbeiten erfolgte in Blockveranstaltungen zu je zwei Hausarbeiten in vier Seminarstunden. Die Abstracts und die einer langen mündlichen Prüfung gleich kommende Betreuung der 'eigenen' Seminarstunden galten als Leistungsnachweis. Nur ein kleiner Teil der TeilnehmerInnen gab jedoch an, das Seminar wegen des 'Scheins' besucht zu haben.

3. Seminarkritik

Von insgesamt sechs TeilnehmerInnen wurde ein Evaluationsbogen ausgefüllt, in dem gezielt nach der Akzeptanz der einzelnen Methoden gefragt wurde. 

Insgesamt stieß das Seminarkonzept auf großen Zuspruch, ein Teil der Gruppe vermerkte sogar ausdrücklich Dankbarkeit. Eine Teilnehmerin begrüßte nachdrücklich das "lehrreiche und intensive, anregende und dringend notwendig gewesene Seminar". Eine andere Teilnehmerin beschrieb die Veranstaltung als "insgesamt eine meiner besten (wenn nicht sogar die beste) Seminarerfahrungen im ganzen Studium".

Wie zu erwarten wurde die geringe Zahl von TeilnehmerInnen positiv angemerkt. Als sehr wertvoll wurden die orientierenden Einführungstexte bezeichnet, die die eigenen Schreibprobleme relativieren halfen. Die Organisation in vierstündigen Seminarblöcken kam in der Regel gut weg, lediglich ein Teilnehmer fand diese Form zu anstrengend und bevorzugte zweistündige Seminarblöcke. 

Die Methode des Abstractschreibens kam bei den Befragten durchweg positiv an. Dies zeigte sich nicht zuletzt daran, dass die Abstracts bis auf kleine Ausfälle von allen TeilnehmerInnen regelmäßig angefertigt wurden. Die Studierenden akzeptierten die Methode als hilfreich für das Verständnis der Hausarbeiten. Eine Teilnehmerin: "Zu jeder Arbeit einen Abstract zu schreiben war zwar ziemlich mühselig, aber äußerst effektiv. Man ist dadurch gezwungen, die Texte genau zu lesen und nicht nur zu überfliegen." Eine weitere Teilnehmerin äußerte sich positiv über die Orientierungsfunktion, die ein Vergleich der Abstracts ermöglichte.

Bedingt durch das Anfertigen der Abstracts war die für die Seminarvorbereitung aufgewendete Arbeitszeit sehr hoch. Die Befragten gaben an, pro vierstündigem Seminarblock zwischen 1,5 und 7 Std. für die Vorbereitung (Lesen der Hausarbeiten, Schreiben der Abstracts) aufgewendet zu haben.

Die Besprechung der Abstracts wurde als anfangs zu langatmig kritisiert. Nach dem ursprünglichen Seminarkonzept sollten alle TeilnehmerInnen jeden angefertigten Abstract lesen, vergleichen und kommentieren. Bereits bei der ersten Hausarbeitsbesprechung zeigte sich jedoch, dass dieses Vorgehen den zeitlichen Rahmen sprengte. In der gemeinsamen Seminarkritik wurde daraufhin zur Lösung des Problems beschlossen, dass die TeilnehmerInnen lediglich einen fremden Abstract lesen und dessen Unterschiede zum selbst verfassten Abstract erläutern sollten. Auf diese Weise konnte weiterhin jeder Abstract besprochen werden, was die Motivation erhielt, diese Abstracts überhaupt anzufertigen.

Die Methode, Hausarbeiten als Grundlage eines Seminars zu wählen, kam im Kurs durchweg sehr gut an. Die Studierenden empfanden das Seminar als große Hilfe bei der Einordnung und Erhöhung ihrer Schreibkompetenzen. Eine Studentin: "Dieses Verfahren ist richtig gut und sollte an der Uni viel häufiger angewandt werden." Die Studierenden lobten die Möglichkeit zum Vergleich, die Anregungen bzw. das Training für die eigenen Arbeiten und die kritische Reflexion der Schreibregeln. Ein Student: "Letztendlich war es der zentrale Punkt im Ablauf des Seminars. Bloß nicht drauf verzichten!"

Der Anteil an inhaltlich-thematischer Arbeit war nach Ansicht der Studierenden zu gering. Die Studierenden gaben zwar an, einen vertieften Einblick in die Einzelthemen erhalten zu haben, doch wurde kritisiert, dass diese Themen nicht ausreichend erörtert wurden. "Wenn die Zeit es erlaubt, sollten die Inhalte der Hausarbeiten auch diskutiert werden." Insbesondere am Anfang nahm die Förderung der Schreibkompetenzen viel Raum ein. Am Ende des Semester verliefen die Sitzungen zwar so gestrafft, dass ausreichend Zeit vorhanden war, die TeilnehmerInnen waren jedoch dann teilweise schlicht zu erschöpft für eine weiterführende Diskussion. 

Ängste vor der öffentlichen Präsentation der eigenen Arbeiten waren (wenn überhaupt) nur schwach vorhanden. Zwar hatten fast alle Studierenden zu Beginn des Seminars in irgendeiner Form zum Selbstschutz klar gemacht, dass ihre Hausarbeit "noch nicht fertig" sei. Doch erwies sich das Arbeitsklima als so gut, dass der Kurs auch ohne intensive Behandlung der Feedbackregeln konstruktiv arbeitete. 

Auf dem Evaluationsbogen wollte schließlich niemand die Präsentation eigener Arbeiten als heikel resümieren. Ein Teilnehmer fand die Präsentation "anfänglich etwas komisch (ungewohnt), aber nicht problematisch". Eine Teilnehmerin fand es "sehr interessant und hilfreich, die Kritik der anderen zu hören", ein weiterer Teilnehmer bemängelte nach der Präsentation seiner eigenen Hausarbeit gar eine seiner Meinung nach zu starke "sozialdemokratische Rücksichtnahme" beim Feedback. 

Evaluationsergebnisse:

 - Methode "Hausarbeiten als grundlegende Seminarliteratur": Ø-Note 1,4
 - Abstracts als Methode, Leseerfahrungen zu reflektieren: Ø-Note 2
 - Gesamtbewertung der Veranstaltung: Ø-Note 1,6

4. Resümee

Hausarbeiten als Seminarliteratur zu wählen ermöglicht es, auch in universitären Fachveranstaltungen die Schlüsselqualifikation 'Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten' zu üben. Letzteres wird an den Uni selten getan. Allerdings verlangt die Methode den Studierenden einen hohen Einsatz ab, kann jedoch dafür allen mehr Spaß machen, da die Arbeitsmotivation deutlich erhöht ist. Da pro zweistündiger Sitzung lediglich eine Hausarbeit intensiv besprochen werden kann, ist eine Teilnehmerzahl von mehr als 10 nicht sinnvoll.

Die Methode, die zu besprechenden Hausarbeiten jeweils in einem Abstract zusammenfassen zu lassen, hat sich bewährt: Sie förderte die Lesegenauigkeit und führte zu einer intensiven Beschäftigung mit den Hausarbeiten. Insbesondere wenn Texte inhaltlich wie formal (sinnvolle Gliederung, durchgehaltene Fragestellungen etc.) bewertet werden sollen, müssen alle Beteiligten eine vertiefte Textkenntnis mitbringen. 

Ein Seminarablauf, der sowohl Abstracts wie eine formale und inhaltliche Besprechung von Hausarbeiten vorsieht, verlangt ein sehr striktes Zeitmanagement. Bei der inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Hausarbeitsthemen erwiesen sich einige wenige pointierte Fragen als sinnvoll. 

Um die Methode 'Hausarbeiten als Seminarlektüre' wählen zu können, müssen die Hausarbeiten bereits vor Beginn der Veranstaltung bzw. der zentralen Seminarblöcke geschrieben sein. Dies ist bei einer Fortsetzungsveranstaltung gut möglich, bei einem eigenständigen Seminar können jedoch Probleme auftreten: Die Studierenden müssten in einem solchen Fall mit dem Schreiben beginnen, ohne zuvor eine tiefere fachliche Orientierung bekommen zu haben. Das Schreiben der Hausarbeiten und zusätzlich ihre zeitintensive Besprechung könnten dann für die TeilnehmerInnen eine zu hohe Arbeitsbelastung bedeuten.
 

Genannte Literatur

Bauer, Ina (2001): Börsenwert hängt am Geschäftsbericht. In: Financial Times Deutschland, 6.4.2001;
Bayer, Susanne (2001): Kopieren geht über Studieren. In: Der Spiegel Nr. 15; 
Einen Artikel stilistisch schleifen (2001). Redigierbeispiele. In: Sage & Schreibe Werkstatt, Beihefter zu Journalist Nr. 4;
Füller, Christian (2001): Lohn der Angst. In: taz Magazin, 30.6.2001; 
Neuhäuser, Gabriele (1999): Schreiben tut weh. In: Die Zeit Nr. 48
 
 
 

Zusammenfassung durch HoF Wittenberg, Institut für Hochschulforschung:

"Oft werden zu Seminaren Hausarbeiten angefertigt, die - wenn sie nicht als den Referaten vorausgehende oder nachträgliche schriftliche Ausarbeitung fungieren - nur in einem lockeren Zusammenhang zum Seminarthema stehen. Sie spielen in den Sitzungen keine Rolle, ja bleiben den Seminarteilnehmern in der Regel sogar unbekannt. Viele Studierende beklagen überdies, dass sie auch von den Lehrenden über diese isolierte Leistung keine nennenswerte Rückmeldung erhalten, so dass sie über die Qualität ihrer Arbeit und über Verbesserungsmöglichkeiten wenig lernen. Der Autor stellt ein Seminarkonzept vor, das die Hausarbeiten als Basis der fachwissenschaftlichen Lektüre in den Seminarverlauf einbezieht. Ein vielversprechender Ansatz, der allerdings in der vorliegenden Variante (vgl. zu Alternativen: Stäheli/Brock in HSW) nur in kleinen Seminaren gelingt." (>>>)

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Hochschuldidaktik beschäftigt sich mit allen Aspekten von Lernen, Lehren und Studium an Hochschulen.

Dies betrifft zum einen die kritische Auseinandersetzung mit Inhalten von Studiengängen und die Studienreform, der Weiterentwicklung von Studiengängen. Dieser „Inhaltsaspekt“ von Studium und Lehre stand in der „Hochkonjunktur“ der Hochschuldidaktik während der 1960er Jahre im Mittelpunkt und basierte auf einer grundlegend gesellschaftskritischen Haltung, welche Gegenkritik nach sich zog. Der „Vermittlungsaspekt“, d. h. die Planung und Durchführung von Unterricht und Lehrveranstaltungen ist erst später in den Fokus gerückt, als verstärkt die Frage diskutiert wurde, was „gute“ Lehre ausmacht und wie diese gefördert werden kann. Dennoch ist Hochschuldidaktik keine Verlängerung von Schulpädagogik oder deren Übertragung auf eine andere Institutionsform, sondern "sie ist vielmehr auf Wissenshaftstheorie, -geschichte, -soziologie angewisen. Hochschuldidaktik ist von Wissenschaftsforschung und Wissenschaftsdidaktik nicht zu trennen (...)" (Huber, 1995, S. 114).

In der aktuellen Diskussion wird Hochschuldidaktik oft auf diesen Aspekt verkürzt, wenngleich gerade im Kontext des Bologna-Prozesses auch die Frage der Inhalte und der Struktur von Studiengängen einer kritischen Auseinandersetzung bedarf.

Hochschuldidaktische Weiterbildung ist keine Voraussetzung für die Berufung zum Hochschullehrer. Hochschuldidaktik wird daher als Angebot an Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, Lehrbeauftragte oder bereits tätige Professorinnen und Professoren gestaltet. Anders als in anderen europäischen und anglo-amerikanischen Ländern ist nur in den wenigsten Bundesländern in Deutschland der Nachweis einer didaktischen Qualifikation für die Tätigkeit als Lehrender einer Hochschule erforderlich.

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