Medienwissenschaftliche Forschung 
zu 
Geschichte und Gegenwart


 



 
 
 
Die Entwicklung der ostdeutschen Tagespresse nach 1945. Bruch oder Übergang? 
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The Development of the Eastgerman Daily Press after 1945. Break or Transition? Abstract
 

Zusammenfassung

Die mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs beginnende Pressegeschichte der SBZ/DDR wurde in der herrschenden Forschung bisher regelmäßig als ein vollständiger Neuanfang dargestellt: Die Mediengeschichtsschreibung ging davon aus, dass die sowjetische Besatzungsmacht bei ihrem Einmarsch sofort sämtliche Verlage schloss, enteignete und die Betriebe anschließend zur Gründung von Parteizeitungen nutzte. In der Dissertation wird gezeigt, dass dieses Bild der Pressegeschichte der SBZ/DDR nicht zutreffend ist, sondern sowohl die sowjetische Besatzungsbehörde wie auch die bislang nicht beachteten westalliierten Besatzungsbehörden vielen alteingesessenen Verlagen die Herausgabe von Zeitungen erlaubten.

Nach dem Krieg kam es im kurzzeitig von April bis Juli 1945 von amerikanischen und britischen Truppen besetzten Teil der späteren DDR zu einem kurzen Pressefrühling, in dessen Verlauf eine große Zahl von alteingesessenen Verlagen wieder Zeitungen herausgab. Die Palette reichte von neu gegründeten Bekanntmachungsblättern bis zur Wiederherausgabe von Tageszeitungen mit einer zum Teil mehr als einhundertjährigen Tradition. Diese Zeitungen bekamen eine militärbehördliche und amtlich-zivile Funktion.

In jenen Teilen Ostdeutschlands, die von der Roten Armee im Rahmen von Kampfhandlungen besetzt worden waren, wurden die Verlage zumeist geschlossen. In einigen Regionen erschienen jedoch auch nach dem sowjetischen Einmarsch nach kurzer Pause wieder Zeitungen. Dabei entstanden (auch im Zuge spontaner Enteignungen) neue ›antifaschistische‹ Lokalzeitungen, doch konnten daneben auch traditionelle Zeitungen wieder erscheinen, deren Verleger ihre Zeitungen an die in den Kommunen entstandenen neuen politischen Verhältnisse anpassten.

Als sich die politische Lage mit der Konsolidierung der sowjetischen Besatzung nach wenigen Wochen stabilisierte, wurden die zuvor erlaubten Tageszeitungen wurden wieder geschlossen. Ab Juni 1945 setzte eine zweite Gründungsphase ein, in deren Verlauf zuerst in der Reichshauptstadt Berlin zentrale Parteizeitungen erschienen. Im Juli/August 1945 folgten den Ländern der SBZ die ersten Landeszeitungen der KPD, ab Herbst auch der anderen Parteien.

Der Aufbau der KPD-Presse erfolgte mit den enteigneten Betrieben der NSDAP. Die KPD übernahm einige NS-Verlage komplett und führte so die verlegerischen Strukturen der NS-Presse fort.

Anders als die NSDAP-Verlage wurden die alteingesessenen traditionellen Lokalverlage nicht sofort und flächendeckend enteignet. Die ostdeutschen Traditionsverleger durften zwar keine Tageszeitungen mehr herausgeben, eine große Zahl von den Verlegern konnte aber auch nach der Stabilisierung der Besatzungsstrukturen wenigstens Anzeigen- oder Bekanntmachungsblätter produzieren, die von den kommunalen Behörden gefördert wurden. Vereinzelt beteiligten sie sich bei der Herausgabe der neuen Tageszeitungen. Die Verleger und mit ihnen ihre Zeitungen wurden erst in dem Augenblick verdrängt, in dem die SED eine ausreichende Anzahl von Lokalausgaben ihrer eigenen Landeszeitungen aufgebaut hatte.
 

Abstract 

The press history of Eastgermany, which started with the end of the world war II, was in the dominating research described as a complete restart: The media history research assumed that the Soviet occupation army during her invasion immediately closed and expropriated each daily publisher. This enterprises were used to build up new party newspapers. The thesis shows, that this picture of Eastgerman press history is incorrect. The Soviet occupation power as well as the - till now not noticed - western occupation power permitted a lot of traditional publishers to publish newspapers.

After the war there was a spring of press in the by American and British troops occupied parts of the later GDR for a short time between April and July 1945. A big number of traditional publishers restarted publishing newspapers. It range extended from new founded government gazettes to republished dailies with a tradition of one century and more. These newspapers had a military-governmental and official-civilian function. At the beginning of July the Angloamerican troops handed over Eastgermany and its press to the Soviets.

In those parts of Eastgermany, which had been occupied by fighting by the red army, the publishers were closed mostly. But in some regions, which had been occupied without fighting, newspapers could appear a short time after Soviet occupation, too. In the process (also by spontaneous expropriation) new ›antifashistic‹ local dailies were built up, but also traditional newspaper could come out again, which publishers conformed to the new political situation.

When the political and military situation in the Soviet Occupation Zone became more stabile after a few weeks, the newspapers, which had been permitted before, were closed down. Starting at June 1945 a second phase of newspaper founding began. First central party newspapers came out in the capitol Berlin. At July/August in the Eastgerman states the party newspapers of the Communist Party (KPD) followed, since autumn also the regional papers of the other parties.

The construction of the press of the KPD was done with the expropriated companies of the NSDAP. The KPD took over some nazi-publishers completely and continued the entrepreneurial structures of the nazi-press.

Different to the NSDAP-publishers the traditional local publishers had not been expropriated immediately and everywhere. Traditional Eastgerman local publishers were not allowed to publish any daily, but after stabilisation of occupation structures a big number of it produced announcement and advertisement papers, which were supported by the local authorities. Occasionally the traditional publishers also joined publishing of new dailies. The traditional publishers made an important contribution to the building of the Eastgerman press. They were driven out only, when the communist SED had built up a adequately number of local editions of its regional newspapers.
 

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